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Tagebau Garzweiler, Foto Dirk Jansen Campact2015 wird ein wegweisendes Jahr für den Klimaschutz. Wir haben die Chance, nach dem Ausstieg aus der Atomkraft auch den Ausstieg aus der Kohlekraft einzuleiten. Im Dezember findet in Paris die UN-Klimakonferez statt, Ziel der Konferenz ist die Verabschiedung eines verbindlichen, alle Staaten umfassenden Klimaabkommens, das die Erwärmung der Atmosphäre auf maximal 2 Grad begrenzen soll. Wenn die Bundesregierung ihre Klimaziele auch nur annährend erreichen will, muss sie Maßnahmen zur Minderung des CO2 Ausstoßes ergreifen und dazu muss sie die Kohleverstromung drosseln. In Nordrhein-Westfalen verhandelt die Landesregierung über die Zukunft des Tagebaus Garzweiler II. 

Doch die Kohlelobby macht massiv Front gegen die Pläne, den Kohlestrom zurückzudrängen. Deshalb ist jetzt unser Protest gefragt. Im April haben viele tausend Menschen mit einer großen Menschenkette am Tagebau Garzweiler gesagt: „Bis hier hin und nicht weiter - der Kohleverstromung muss ein Ende gesetzt werden!“ Vom 14. bis zum 16. August heißt es jetzt „Ende Gelände! Kohlebagger stoppen. Klima schützen.“ 

 

Das Rheinische Braunkohlerevier: Größte CO2 Quelle Europas 

Deutschland hat das Image, das Vorzeigeland für erneuerbare Energien zu sein. Dabei ist es im EU-weiten Ländervergleich gleichzeitig das Land mit der höchsten CO2 Emission, gefolgt von Polen und Großbritannien. Damit trägt Deutschland maßgeblich zum Klimawandel bei. 

Mit seinen drei Tagebauen und fünf Kraftwerken ist das rheinische Braunkohlerevier direkt vor unserer Tür Europas größte CO2 Quelle. Nach einer Studie des WWF und verschiedener anderer Umweltorganisationen steht das Kraftwerk Neurath mit 33,28 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr auf dem zweiten, das Kraftwerk Niederaußem mit 29,58 Millionen Tonnen auf dem dritten und das Kraftwerk Weißweiler mit 18,66 Millionen Tonnen auf dem 7. Platz im Ranking der größten CO2 Emittenten in Europa. Auf Platz 4 und 5 stehen die Kraftwerke Jänschwande und Boxberg in der Lausitz. 

Braunkohle ist der klimaschädlichste fossile Brennstoff. Reiner Braunkohlestrom pustet ca. 950 Gramm Kohlendioxid pro gewonnene Kilowattstunde in die Luft, selbst wenn er aus den modernsten Kraftwerken kommt. Das zerstört das Weltklima, aber für die angeschlagenen Energiekonzerne ergibt sich aus der Kohleverstromung immer noch reichlich Profit. Obwohl überall die Energiewende propagiert wird, erlebt die Braunkohle eine Renaissance. Im angeblichen Vorzeigeland der Energiewende macht die klimaschädliche Braunkohle 25% im Energiemix aus. Nach wie vor sind weitere Kraftwerksblöcke in Planung. Und wenn es nach RWE ginge, würde der Tagebaubetrieb im Rheinland noch bis mindestens 2045 weiterlaufen. 

 

Kohlestrom gefährdet unsere Gesundheit 

Kohlekraftwerke gehören sowohl in Deutschland als auch in Europa zu den schlimmsten Quellen von giftigen Luftschadstoffen. Schwefeldioxid (SO2), Stickoxide (NOx), Ruß und Staubemissionen aus Kohle sind die größten industriellen Ursachen von Feinstäuben, die tief in die Lungen eindringen und vom Blutkreislauf aufgenommen werden. Die Schornsteine der Kohlekraftwerke stoßen zudem Zehntausende Kilogramm toxischer Metalle wie Quecksilber, Blei, Arsen und Cadmium aus. Dadurch erhöhen sie das Krebsrisiko und führen zu Entwicklungsstörungen bei Kindern.

Außerdem werden sowohl bei Abbau der Braunkohle, als auch bei der Verbrennung nicht unerhebliche Mengen an Radioaktivität freigesetzt. In den riesigen offenen Flächen der Tagebaue, die oft quer zu den Erdschichten liegen, tritt Radioaktivität aus, sammelt sich im Grund der Grube und kann ins Grundwasser gelangen. Von den Baggerschaufeln werden die radioaktiven Partikel zusammen mit dem Feinstaub in die Luft gewirbelt. Auch die Braunkohlekraftwerke sind als Emittenten radioaktiver Stoffe seit langem bekannt. Mit der Flugasche und den Abgasen gelangen radioaktive Isotope der Elemente Uran, Thorium, Radium, Blei und Polonium in die Luft. 

Eine von Greenpeace bei der Universität Stuttgart in Auftrag gegebene Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Emissionen deutscher Kohlekraftwerke jedes Jahr zum vorzeitigen Tod von ungefähr 3.100 Menschen führen. Dies ist gleichbedeutend mit einem Verlust von insgesamt 33.000 Lebensjahren. Außerdem hat die Studie berechnet, dass im Jahre 2010 ungefähr 700.000 Arbeitstage aufgrund von Krankheiten verloren gingen, die auf Schadstoffe aus Kohlekraftwerken zurückzuführen sind. Diese Zahlen basieren auf den Emissionen aus dem Jahr 2010. Seitdem ist die Stromerzeugung durch Stein- und Braunkohle in Deutschland nicht zurückgegangen, sondern kontinuierlich angestiegen.

 

Braunkohle ist ein extrem ineffizienter Energieträger, der Braunkohleabbau zerstört die Umwelt und Kulturlandschaften

Selbst die neuesten Braunkohlekraftwerke haben nur einen Wirkungsgrad von knapp über 40 Prozent. Das heißt, auch in diesen Kraftwerken verpufft der Großteil der Kohleenergie im wahrsten Sinne des Wortes über große Kühltürme ungenutzt in die Luft. Die alten Kraftwerksblöcke haben noch wesentlich schlechter Wirkungsgrade, laufen aber trotzdem weiter, weil der EU-Emissionshandel für CO2 nicht funktioniert und die Bundesregierung – wie sich gerade beim Scheitern der Klimaabgabe wieder gezeigt hat – die Abschaltung nicht gesetzlich regelt, sondern immer wieder vor der Kohlelobby eingeknickt.

Um diesen ineffizienten Energieträger aus dem Boden zu holen werden wichtige Ökosysteme wie der Hambacher Forst abgeholzt, alte Kulturlandschaften zerstört und tausende Menschen umgesiedelt. Damit die Tagebaue nicht voll Wasser laufen muss Tag und Nacht massiv Grundwasser abgepumpt und ungenutzt in die Flüsse der Umgebung geleitet werden. Dabei handelt es sich in den tiefen Schichten des Tagebaus zum Teil um fossile Wasserspeicher, die bereits in der Eiszeit ausgebildet wurden und nun irreversibel verloren gehen und auch nicht wieder aufgefüllt werden können. Das generelle Absenken des Grundwasserspiegels hat darüber hinaus negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft und auf Feuchtgebiete bis in die Niederlande hinein.   

 

Kohlestrom bremst die Energiewende aus und ist unnötig

Die Aussage, Kohlekraftwerke seinen zur Deckung der Grundlast unverzichtbar und daher eine Voraussetzung für die Energiewende, ist schlicht falsch. In Zeiten der Energiewende sind Grundlastkraftwerke, die auf Dauerbetrieb ausgelegte sind, ungeeignet. Benötigt werden dagegen schnell startende und flexibel regelbare Anlagen, um die durch erneuerbare Energien nicht gedeckte Stromnachfrage abdecken zu können. Diese Stromspitzen werden dabei unbeständiger je größer der Anteil an erneuerbaren Energien ist. Daher liegt die Zukunft nicht in der Vorhaltung unflexibler Grundlastkraftwerke, sondern in der Diversifikation der erneuerbaren Energien und in der Flexibilität der Kraftwerke. Dafür eignen sich Gas- oder Biomassekraftwerke. Kohlekraftwerke können nur dann ökonomisch sinnvoll betrieben werden, wenn der Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix deutlich begrenzt wird. Dafür setzt sich die Kohlelobby massiv ein.

Außerdem ist es bereits jetzt so, dass der größte Teil der in den Kohlekraftwerken produzierte Strom direkt für den Export produziert wird und für den deutschen Markt nicht notwendig ist.

Analysen des Strommarktes zeigen, dass auch heute sowohl auf die Atomkraft als auch auf die Kohlekraft verzichtet werden könnte, ohne dass die Lichter bei uns ausgehen. Zahlen und Fakten dazu finden Sie u.a. auf der Internetseite www.antiatombonn.de im Menüpunkt „Sofortausstieg“. 

 

Die Klimakrise ist schon da, wir müssen handeln

Weltweit steigen die CO2 Emissionen trotz aller Klimagipfel und Lippenbekenntnissen der PolitikerInnen. Extremwettereignisse wie Überschwemmungen, Dürren, Wirbelstürme häufen sich. Arten sterben aus, fruchtbare Böden werden zu Wüsten und Krankheiten breiten sich aus. Die Folgen bedeuten Armut, Trinkwassermangel, Hungersnöte, Flucht für Millionen von Menschen. Wenn die CO2 Emissionen nicht drastisch sinken, könnten bald so genannte Kipppunkte (tipping points) erreicht werden, an denen Rückkopplungseffekte wie z.B. das Auftauen der Permafrostböden und der dadurch entstehende Methanausstoß eintreten können, die den Klimawandel weiter beschleunigen und unkontrollierbar machen könnten. 

Das müssen wir verhindern. Überall auf der Welt stellen sich Menschen Energiekonzernen entgegen, weil sie wollen, dass die fossilen Rohstoffe im Boden bleiben. Den Braunkohleabbau zu stoppen, ist ein wichtiges Ziel auf dem Weg zu einer sozial-ökologischen Energiewende. Dass wir gemeinsam viel erreichen können, zeigen die zahlreichen Erfolge - vom Abschalten von 8 Atommeilern nach Fukushima bis hin zur Verhinderung von 15 neuen Kohlekraftwerken in den letzten Jahren. Wir müssen uns selber für unser Klima einsetzen!