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Der Anlass unserer Protestaktionen - die Störfallserie in belgischen AKW und deren Belieferung durch die Brennelementefabrik in Lingen - war nicht gerade amüsant, wir ließen uns aber nicht die Laune verderben. Die Demonstration am Sonntag durch die Innenstadt mit Kundgebungen am Bahnhof und am Marktplatz holte die Stadt Lingen ein wenig aus ihrem "Dornröschenschlaf", dem vorherrschenden Nicht-Wissen-Wollen. Die Zahl von 130 TeilnehmerInnen mag gering erscheinen - nicht so für Lingener Verhältnisse. Laut Peter Bastian, der als Moderator durchs Programm führte, war es an diesem Ort die zweitgrößte Demonstration seiit langem. Einen guten Eindruck von dieser Aktion wie auch von der Blockade vermitteln die Aufnahmen von EV1-TV.

Auch und gerade die Sitzblockade am nächsten Morgen vor der Brennelementefabrik wurde von der Presse wahrgenommen, wie z.B. vom NDR und der TAZ. Ein sehr guter Bericht erschien in der Osnabrücker Zeitung.

Pressemitteilung zur Blockade, 1.02.2106

Seit dem frühen Morgen blockierten am 1. Februar ca. 25 AktivistInnen die Brennelementefabrik der Firma ANF/AREVA in Lingen. Mit 150 gelben Wasserbällen wollten sie verdeutlichen, wie sich radioaktive Strahlung verteilt, überall und unkontrollierbar. Die Firma, die Brennelemente für AKWs in aller Welt produziert, beliefert auch die Pannenreaktoren in Doel, Fessenheim und Cattenom – dies war der Anlass der Aktion.
Obwohl die Schrottreaktoren mit jedem Tag gefährlicher werden, erhalten sie weiterhin Betriebsgenehmigungen. Deshalb fordern die Umweltschützer Bundesumweltministerin Hendricks auf, sich in ihrem Treffen mit der belgischen Regierung entschieden für deren sofortige Stilllegung einzusetzen. Außerdem soll sie weitere Exporte von Brennelementen dorthin unterbinden. Durch die Lieferung von nuklearem Brennstoff ist auch Deutschland für die Katastrophe in Belgien und anderswo verantwortlich.

“Wir fordern die sofortige Stilllegung aller Anlagen, die zur atomaren Produktionskette gehören, denn es kann keine sicheren Atomanlagen geben.“ erläuterte ein Aktivist. Wer den „Atomausstieg“ will, muss ganz aus der Atomindustrie aussteigen. Dies bedeutet, weder Brennelemente in Lingen zu produzieren, noch Uran in Gronau anzureichern.
„Uran ist gefährlich, sobald es abgebaut wird. Deshalb fordern wir: Lasst das Uran in der Erde“ so eine Aktivistin. Bereits in den Abbauregionen werden ganze Gebiete radioaktiv verseucht, Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage und sterben. Das passiert schon bevor die gefährliche Fracht ihren Weg über den Hamburger Hafen, Züge und LKWs z.B. nach Lingen findet.

Erlebnisbericht einer Blockade-Teilnehmerin

Bereits um 5:00 h Uhr morgens brachen wir auf, verteilt auf 5 Autos. 4 Personen nahmen den offiziellen Weg Richtung Zufahrtstor der ANF-Fabrik, der Rest unserer Gruppe schlug sich mitten durch den Wald bis direkt vor das Tor, um nicht sofort von der Polizei bemerkt zu werden. Währenddessen wurde unsere "Vorhut" noch vor der Schranke zum Betriebsgelände von einer ungeduldigen und schlecht gelaunten Polizei gestoppt. Nachdem sich die größere Gruppe von uns mit Transparenten am Firmenschild von Areva ausgebreitet und begonnen hatte, die vielen gelben Wasserbälle aufzublasen, erschien der Einsatzleiter mit seinem Trupp und forderte uns auf, unverzüglich das Firmengelände zu verlassen. Mit sich spaßen ließ er nicht, er wurde sogar ruppig. Immerhin kamen ein paar schöne Bilder zustande.

Wir begaben uns langsam zur Schranke und errichteten dort gegen 6:00 h unsere Blockade - mit aufgespannten Transparenten, gelben Regenschirmen und ca. 150 Wasserbällen, die wir am Abend zuvor mit Radioaktivitätssymbolen versehen hatten. Trotz zeitweisem Nieselregen machte es Spaß, hin und wieder mit den Bällen zu spielen und somit zu versinnbildlichen, wie unkontrollierbar die atomare Kettenreaktion und die Ausbreitung von Radioaktivität ist. Von der Presse wurde dieses Bild auch verstanden und aufgegriffen. Ab ca. 6:30 h trudelten VertreterInnen der Presse ein, darunter zwei Kamerateams, eines vom NDR.

Einige Stunden lang ließ uns die Polizei in Ruhe. Auf ihrem Weg zur Arbeit bemühten sich die Firmenangestellten, möglichst schnell und unauffällig unsere Blockade über matschige Trampelpfade zu umgehen. Kleinere Lieferanten mussten sich damit arrangieren, dass sie nicht direkt das Gebäude anfahren konnten.
Gegen 10:45 h berieten wir uns zum weiteren Vorgehen. Die Entscheidung darüber, ob wir die Blockade bis zur Räumung durch die Polizei aufrecht erhalten sollten oder nicht, wurde uns letztendlich abgenommen. Noch während des Plenums traf ein Laster ein, der angeblich das Mittagessen für die Firmenbelegschaft lieferte. Dies war für den Einsatzleiter offenbar Grund genug, die Blockade räumen zu lassen. Wir wurden also an den Straßenrand getragen, einige von uns setzten sich daraufhin ein paar Meter weiter nochmals vor den Laster. Bei der zweiten Räumung wurde die Polizei wieder aggressiver. Eine Beamtin trat grundlos mit dem Fuß gegen eine von uns, die am Boden lag.
Nachdem der Lastwagen die Schranke passiert hatte, packten wir unsere Sachen zusammen und beendeten die Aktion, die wir in großer Einigkeit und harmonisch miteinander durchgeführt haben.