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Es war ein ereignisreiches Wochenende. Zusammen mit mehr als 1500 KlimaaktivistInnen aus vielen verschiedenen Ländern habe wir gegen den Braunkohletagebau protestiert. Fast alle, die sich an der Aktion Ende Gelände beteiligt haben, haben es bis in die Kohlegrube geschafft. Die Bagger standen still und das Thema Ausstieg aus der Braunkohle ist überall präsent.

 


 

Ende Gelände! Die Aktion beginnt jetzt!
Bericht eines Ende-Gelände-Aktivisten

 

Klimacamp, Foto 350.orgAm Freitag Abend sind die letzten Aktivisten von uns im Klimacamp angekommen. Hier haben zuvor mehr als 1200 Menschen aus verschiedenen Ländern eine Woche lang über Klimagerechtigkeit, Wachstumskritik, Globalisierung, Migration und viele andere Themen diskutiert. Jetzt kommen noch mehr Menschen dazu. Es gibt ein reges hin und her, letzte Aktionstrainigs, Bezugsgruppenfindung und Informationen zur geplanten Baggerbesetzung. Nach einem leckeren veganen Abendessen legen wir uns etwas angespannt schlafen. Ein Hubschauber stört mehrmals unsere Nachtruhe.

Um kurz nach 6 Uhr werden wir dann per Megafon geweckt: "Hier ist Ende Gelände! Die Aktion beginnt jetzt!" Mehr als 1500 Menschen krabbeln aus ihren Zelten, schnappen sich die bereits am Abend geschmierten Butterbrote und gepackten Rucksäcke, ziehen sich die weißen Schutzanzüge an und treffen sich zu einem kurzen Frühstück. Um 7 ist es dann soweit. 4 Finger (grün, pink, blau und gelb) ziehen in Richtung Grube. Die Stimmung ist prima, obwohl wir wissen, dass es schwierig werden wird, die Grube zu erreichen. Zwischen uns und der Grube liegt die viel befahrene Autobahn A66 und alle Über- und Unterführungen sind gut bewacht. Diejenigen von uns, die am Mittag zur Solidaritätsdemo gehen wollen, wünschen uns viel Glück.

 

Durch die Felder mit dem gelben Finger

 

Sperre an der Autobahn, Foto 350.org

Wir sind im gelben Finger, der zunächst zusammen mit dem pinken und dem blauen Finger über die Felder in Richtung Immerath läuft. Schon an der ersten Unterführung wird klar, dass die Polizei ihre Bollwerke auf jeden Fall verteidigen wird, sie spritzen mit Pfefferspray um sich, schubsen und schlagen, was und wen sie erwischen können. Aber wir sind ja flexibel, teilen uns auf und laufen hinter dem pinken Finger her über die Felder weiter entlang der Autobahn. Die Polizei ist mit dem blauen Finger beschäftigt und bleibt zurück. An der nächsten Unterführung lassen wir uns gar nicht erst auf eine Auseinandersetzung ein. Ein Aktivist stellt sich vor die Polizeikette und spielt Akkordeon und der Rest läuft fröhlich weiter.   

Mit dem gelben Finger durch die Wiesen, Foto 350.orgNach einem langen flotten Feld- und Wiesenspaziergang finden wir dann doch noch ein Schlupfloch. An einer Autobahnbaustelle gibt es eine Brücke, auf der nur ein einsames Polizeiauto steht. Allerdings bemerkt die Polizei das Schlupfloch auch und versucht von hinten und von der Seite auf die Brücke zu stürmen. Aber wir sind schneller. Der rote Finger kommt komplett durch und auch von unserem Finger schaffen es die meisten noch.   


Auf der Autobahnbrücke, Foto Eva Mahnke, KlimaretterDie wenigen Polizisten, die es rechtzeitig auf die Brücke schaffen, sind extrem gewalttätig, spritzen wild mit Pfefferspray um sich, schlagen, schubsen und stellen Beinchen. Und das völlig unsinniger Weise, da die meisten von uns ja sowieso schon durch sind. Ein kleiner Teil des gelben Fingers bleibt an der Sperre hängen, lässt sich aber davon nicht abschrecken, sondern zieht zurück nach Jackerath, beteiligt sich dort an der angemeldeten Demo und schafft es später trotzdem noch in die Grube.

 

In der Grube

 

Der Rest von uns zieht weiter Richtung Grube. Eine kleinere Polizeieinheit stellt sich in den Weg, weicht aber freiwillig zurück, als wir in die Felder ausweichen. Wir stellen überrascht fest, dass wir uns hinter allen Absperrungen auf der Hauptzufahrt zur Grube befinden. Außer einigen ebenfalls etwas überrascht wirkenden Werkschützern begegnen wir niemandem und können gemütlich in die Grube spazieren. Die Sicherheitskräfte sind offensichtlich alle hinter dem roten Finger her gelaufen, der ja vor uns hier durchgekommen ist. 

Blauer Finger in der Grube, Foto 350.org

Also geht es zügig weiter in Richtung Bagger. Die Stimmung ist großartig, vor allem als wir hören, dass es auch alle anderen Finger über die Autobahn und in das Kohleloch geschafft haben. Nach einer Weile kommen von der Seite Polizeikräfte und versuchen eine Kette aufzubauen, aber wir sind wieder schneller und schaffen es, die noch etwas ungeordnete Kette zu durchfließen. Wieder etwas später noch einmal das gleiche Szenario, jetzt ist die Gegenseite allerdings etwas besser sortiert und hat eine ganze Reihe von Baggern und Fahrzeugen des Werkschutzes mit in der Kette. Daher bleibt diesmal doch ein Teil des Fingers in der Absperrung hängen und wird eingekesselt. Die anderen schaffen es ohne weitere Probleme bis auf den Bagger, der bereits vorher aus Sicherheitsgründen abgeschaltet worden war. Wir haben unser Ziel erreicht!  


Der Teil von uns, der in der Sperre hängengeblieben ist, wird eingekesselt. Polizei und Werkschutz sind zunächst total nervös und ruppig und der Kessel ist recht eng. Dann kommt von hinten der blaue Finger angelaufen. Unser Kessel löst sich auf, die Polizei bildet eine neue Kette und kesselt den blauen Finger mit ein. Nach und nach entspannt sich die Lage und die Stimmung im Kessel ist gut. Es dauert noch etliche Stunden, bis einer nach dem anderen aus dem Kessel herausgetragen, fotografiert und in RWE-Bussen abtransportiert wird. Einige werden ein paar Kilometer hinter Jackerath freigelassen, andere nach Aachen gefahren. Was genau die Kriterien dafür sind, bleibt unklar.

Blockierter Bagger, Foto Twitter Freundeskreis Videos

Diejenigen von uns, die es bis zum Bagger geschafft haben, klettern auf die Ketten und setzen sich davor. Der Werkschutz schaut von oben und unten zu. Erst nach einer Weile wird eine Spezialeinheit mit Hubschraubern herangeflogen, das THW kommt mit zwei Räumpanzern, die einen Erdwall vor den Ketten aufschütten und dann werden die AktivsitInnen vom Bagger geholt.

Die Besetzungsaktion ist damit beendet, aber wir haben unser Ziel erreicht. Wir sind friedlich und entschlossen in die Grube gekommen, haben den Aktionskonsens eingehalten, die Bagger standen still, es gibt tolle Bilder und Videos und ein breites Presseecho.

 

Bilanz der Polizei


"Von den etwa 1.200 Demonstranten wurden auf dem Tagebaugelände von der Polizei insgesamt 805 Personen angetroffen. Davon konnte bei  565 Personen direkt vor Ort die Identität festgestellt werden. Sie  wurden aus dem Tagebau begleitet und erhielten Platzverweise. 240 Personen wurden zur Identitätsfeststellung zum  Polizeipräsidium Aachen gebracht. Diese zog sich wegen der großen Personenanzahl teilweise sehr lange hin, sodass 164 Personen nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen 12-Stundenfrist entlassen wurden...797 Strafanzeigen wurden bislang gefertigt. Folgende  Straftatbestände werden darin geprüft: Hausfriedensbruch, Landfriedensbruch, Verstoß gegen das  Waffengesetz, Störung öffentlicher Betriebe und ein Gefährdungsdelikt im Straßenverkehr." Wir sind gespannt auf die Gerichtsverfahren und werden sie für unsere Öffentlichkeitsarbeit nutzen!

 

Andante an der Kante, LebenslauteEs geht weiter

 

Schon am Sonntag wurde wieder ein Bagger besetzt, am Montag wurde die Hambachbahn für 19 Stunden blockiert.

Nächsten Sonntag sind alle eingeladen zur musikalischen Blockade "Andante an der Kante" der Gruppe Lebenslaute.

>> Infos zu Andante an der Kante

 

 

 

 

 

 

 

Weitere Links:

>> 350.org: Fotos der Aktionen

>> 350.org: Video "Ende Gelände - Here and No Further"

>> Graswurzel TV: Video "Ende Gelände"

>> Graswurzel TV: Video "Solidaritätsdemo Ende Gelände"

>> Video "Roter Finger im Tagebau"

Freundeskreis: Videos "Ende Gelände! Keep it in the ground! (Doku gelber Finger)

>> Part 1: Overcome the motorway

>> Part 2: On the way to the mine

>> Part 3: In the coal mine

>> Part 4: Activists overcome the last police cordon

Kommentar Tagesschau: >> RWE-Vorgehen gegen Demonstranten "Unangemessen und absurd"

Kommentar Süddeutsche Zeitung: >> Goliath im Tagebau

Klimaretter: >>Mit dem "pinken Finger" in die Kohle

Tweets und Fotos von >> Freundeskreis

Weitere Links zu Artikeln, Fotos und Videos auf der >> Klimacamp-Website

und auf der >> Hambacher Forst Website