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Mülheim-Kärlich. Die Bürgerinitiative gegen das AKW Mülheim-Kärlich wirft der RWE Power AG vor, beim Abbau des Atomkraftwerks den Umfang der Teilgenehmigungsverfahren bewusst verkleinert zu haben, um gezielt eine Öffentlichkeitsbeteiligung auszuschließen. Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke schließt sich dieser Kritik an.

von ANNETTE HOPPEN (Rhein-Zeitung Koblenz, 24.09.12)

"Wir haben im Verfahren Defizite, die mit den gesetzlichen Regelungen zusammenhängen", betonte die Ministerin bei einer Informationsveranstaltung zum AKW-Abbau, zu der ihr Ministerium am vergangenen Wochenende in die Urmitzer Mehrzweckhalle eingeladen hatte. Zwar müsse, so Lemke, ihre Behörde nach den vorgegebenen politischen Spielregeln die Genehmigung für den nächsten Teilabschnitt erteilen. Allerdings stellte sie auch klar: "Wir sind diejenigen, die die politischen Spielregeln ändern müssen, wenn diese Regeln nicht ausreichen."

Damit nahm Lemke deutlich Bezug auf den Vorwurf der Initiative an die Adresse der RWE Power AG. "Mit Aufteilung in kleine Genehmigungsschritte, wie aktuell mit dem Antrag auf Abbau von vier Kühlmittelpumpen, hebelt RWE die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung der Öffentlichkeit aus, denn kleine Abbaumaßnahmen erfordern nicht zwingend eine Erörterung", hatte Elke Sodemann-Müller, Sprecherin der Bürgerinitiative, zum Auftakt der Infoveranstaltung moniert.

Dass eine Beteiligung der Öffentlichkeit ein wichtiges Kontrollmittel ist, machte Sodemann-Müller an einem Beispiel deutlich. So tauche im Genehmigungsverfahren zum Beispiel der Begriff "frei gemessener Atommüll" auf. Dahinter, so die Sprecherin, verberge sich radioaktiv belasteter Abfall, der jedoch unter den Grenzwerten für eine gesonderte Entsorgung liege und aus rechtlicher Sicht als nicht mehr radioaktiv strahlend zähle. "So einfach verschwindet dann Radioaktivität auf dem Papier", erklärte Sodemann-Müller. Die Sprecherin ergänzte: Der Müll wandere zum Beispiel im Zuge der Wiederverwertung von Wertstoffen in Kochtöpfe, Zahnspangen oder Uhren. Um den Abbauprozess kritisch zu begleiten und RWE auf die Finger zu schauen, sei eine förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung angebracht.

Die Bürgerinitiative habe sich stets in der Wächterrolle gesehen, erklärt Sodemann-Müller weiter. Und in Anbetracht der Tatsache, dass aus dem AKW noch einige Tonnen radioaktiver Müll abtransportiert werden müssen, sei diese Aufgabe noch lange nicht beendet.

Während die Initiative die Risikofaktoren beim AKW-Abbau im Auge hat, zielte der Weißenthurmer Verbandsbürgermeister Georg Hollmann in seinem Redebeitrag vor allem auf die Optik ab. "Der Kühlturm muss auch zeitnah fallen", forderte der VG-Chef. Gleichzeitig machte er deutlich, was die Verbandsgemeinde von einer künstlerischen Nutzung des Bauwerks hält. "Nämlich gar nichts", stellte Hollmann unmissverständlich klar.

Nach dem Rückbau des Meilers samt aller technischen Anlagen erwarte die Verbandsgemeinde zudem eine "vernünftige gewerbliche Nutzung" des Areals. "Wir hoffen, dass uns RWE und Mainz nicht alleinlassen werden", so Hollmann wörtlich.

Wie die nächsten Schritte des AKW-Abbaus verlaufen, skizzierte im Anschluss unter anderem Walter Hackel, Leiter der Mülheim-Kärlicher RWE-Anlage. Um alle Kontrollauflagen einhalten zu können, werde das Kraftwerk beim Abbau Zug um Zug auf "Gitterboxgröße zerlegt", erklärte Hackel.